Neulich war ich mit einer Freundin bei der Kammeroper im Rathaushof in Konstanz. Davon, dass dort im August immer eine feine Oper aufgeführt wird, hatte ich schon gehört, aber ich war noch nie dort. Wir haben uns an der Abendkasse noch zwei Karten geholt und waren sehr überrascht, dass der Studentenrabatt so großzügig ausfiel. Um 20 Uhr gab es eine kurze Einführung in die Stücke durch den musikalischen Leiter Peter Bauer. Aufgrund des großen Interesses war es etwas schwierig zu folgen, da er ohne Mikro sprach, aber ein paar Worte konnte ich aufschnappen. Die eigentliche Oper begann um 20.45 Uhr und dauerte 75 Minuten. Gespielt wurden Ariadne von Bohuslav Martinu und Die verlassene Ariadne von Darius Milhaud.

 

 

Die Sage von Ariadne besagt, dass sie auf Kreta als Tochter von König Minos und seiner Gemahlin Pasiphae lebte. In einem von Dädalus entworfenen Labyrinth wird ihr Halbbruder, das blutrünstige Mischwesen Minotauros gefangen gehalten. Minos hatte Athen unterworfen und so waren die Athener gezwungen jedes Jahr 7 Jünglinge und 7 Jungfrauen als Menschenopfer für Minotauros zu schicken. Bei einer dieser „Lieferungen“ schleust sich der Königssohn Theseus in die Gruppe ein. Ariadne verliebt sich sofort in Theseus und hilft ihm – gegen das Eheversprechen -, Minotauros zu besiegen. Damit Theseus wieder aus dem Labyrinth herausfindet, gibt Ariadne ihm ein Wollknäuel mit, das er am Eingang des Labyrinths festbindet. So findet Theseus nach dem Kampf, in dem er Minotauros besiegt, wieder unbeschadet aus dem Irrgarten heraus. Danach gibt es verschiedene Ausgänge der Sage.

Der erste Teil der Aufführung hält sich ans Grundgerüst der Sage. Theseus kommt auf die Insel, um Minotaurus zu töten, und trifft auf Ariadne. Die beiden verlieben sich und Theseus ist es erstmal nicht mehr so wichtig in den Kampf zu ziehen, schließlich wird er aber von seinen Gefährten doch animiert und zieht los. Im Kampf mit dem Mischwesen erkennt er darin aber seine „dunklere Hälfte“, die er schließlich tötet.

Der zweite Teil der Aufführung ist eine kleine Oper in 5 Akten, die aber insgesamt den kürzeren Teil der Inszenierung einnimmt. Hier wird mit großem Augezwinkern die Geschichte erzählt. Theseus ist in Ariadne verliebt, die liebt ihn aber nicht. Dafür hat sich Ariadnes Schwester in den Helden verliebt. Der Gott Dionysos (in der Sage wird Ariadne seine Frau) mischt kräftig mit, wie es die Griechengötter nunmal gerne tun. Er macht Theseus betrunken – kann er als Gott des Weines ja prima – und suggeriert dem Helden, dass er die beiden Schwestern an seiner Seite hat, als er die Insel verlässt. In Wirklichkeit ist aber nur die Schwester bei ihm, Ariadne bleibt auf der Insel. Ariadne wird am Ende ihres Lebens – ihrem Wunsch gemäß – als Sternbild an den Himmel erhoben.

Die Musiker und Darsteller lieferten eine wunderbare Inszenierung ab, bei der man sofort mitgerissen wurde. Einige Male hat das Orchester leider die Sänger übertönt, sodass man dem Text nicht folgen konnte, aber das heißt nicht, dass man der Geschichte nicht folgen könnte. Die Atmosphäre im schnuckeligen Innenhof des Rathauses ist wirklich ergreifend und wird durch die klug eingesetzte Lichttechnik unterstützt, sodass man ein bisschen Gänsehaut bekommt, als am Ende der gesamte Innenhof von Sternenlicht überzogen ist.

Die Bühne ist leicht erhöht, sodass man gut sehen kann, auch wenn man weiter hinten sitzt. Wenn man allerdings wie ich etwas kleiner ist und große Leute vor sich hat, dann sieht man nicht alle  Handlungen, die sich am Boden der Bühne abspielen. Aber es geht ja auch hauptsächlich ums Hören und das klappt dank des eingefriedeten Innenhofs sehr gut.

Die Profis unter den Zuhörern erkennt man übrigens daran, dass sie mit großen Taschen gekommen sind. Da war ich erstmal verwundert, aber sie hatten darin Sitzkissen und Decken. Der Innenhof ist nämlich mit Plastikstühlen gestuhlt, da ist ein Kissen ganz praktisch. Und wenn man ne Frostbeule ist wie ich, lohnt es sich eine Decke oder ein Jacke mitzunehmen, da es doch schon etwas frisch wurde.

Ein Besuch der Rathausoper lohnt sich auf jeden Fall und bietet ein interessantes Hörerlebnis in legerem prachtvollem Umfeld.