Barock am Konstanzer Münster
Und weitergeht´s mit den Baustilen am Konstanzer Münster. Heute kommen wir zum Barock.
Barock. Wenn wir diesen Begriff hören, dann denken wir an Opulenz, riesige Räume, Gold und Stuck und pausbäckige Engel. All das gibt es im Konstanzer Münster weniger, aber dazu später. Erstmal möchte ich einen kurzen Überblick über den Barock im Allgemeinen geben, dann kommen wir zum Barock am Konstanzer Münster.
Zur Epoche und zum Namen
Das italienische Wort „barocco“ gibt der Epoche den Namen. Das Wort bedeutet „schief“, „unregelmäßig“, aber auch „dem Geschmack nicht entsprechend“. Ihr seht, die Bezeichnung war nicht im positiven Sinne verwendet worden. Zumindest ursprünglich. Wie so häufig fanden die Zeitgenossen die neue Kunstrichtung nicht wirklich schön und konnten der neuen Ausrichtung wenig abgewinnen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die Sicht auf die barocke Kunst, dies hat die Epoche dem Kunsthistoriker Heinrich Wölflin zu verdanken.
Von Barock spricht man im Zeitraum von ca. 1580 bis ca. 1750, je nachdem in welcher Region man unterwegs ist, gibt es längere oder kürzere Übergangszeiten. Und natürlich bestehen Kunstrichtungen auch noch nebeneinander her, das liegt auch im Auge des Auftraggebers, was er als schön empfand und somit in Auftrag gab.
Woran erkennt man die barocke Architektur?
In der barocken Architektur wird vor allem die Mittelachse betont. Bei der Raumplanung, z.B. bei Verkehrsachsen und der Stadtraumgestaltung, ist die Gerade das Hauptgestaltungsmerkmal. Wenn ihr schon mal in Rom wart und über die Via della Conciliazione auf den Petersplatz zugegangen seid, dann habt ihr zum Beispiel eine solche Gerade erlebt. Durch diese schnurgeraden Straßen wird der Drang zur Unendlichkeit betont und dargestellt.
In der profanen und sakralen Architektur finden wir noch die Elemente, die wir auch in der Renaissance gesehen haben: Säulen und Pilaster mit Gebälk und Voluten. Allerdings sind die Säulen, Halbsäulen und Pilaster meistens nur noch Schmuckelement, und haben häufig keine tragende Funktion. Die Voluten sind sehr ausladende und geschnörkelte Verzierungen.
Gemeinsam sind auch die ein- und ausschwingenden Fassadenteile an Gebäuden, die dazu führen, dass die Bauten aussehen, als würden sie sich bewegen.
In den Kirchen wurde auf Tonnengewölbe und aufwändig gestaltete Kuppeln zurückgegriffen. Im Schlossbau ist die Dreiflügelanlage die beliebteste Bauform. Die Pläne für solche Anlagen sind maßlos und riesig angelegt und dann meistens nur in reduzierter Form gebaut worden. Wobei diese reduzierten Formen immer noch unglaublich faszinierend und riesig sind, wenn wir uns zum Beispiel mal an Schloss Versailles oder auch Schloss Schönbrunn in Wien angucken (der Ursprungsbau von Schönbrunn ist auch aus dem 17. Jahrhundert). Zu den großen Schlossanlagen gehören auch die weitläufigen Gartenanlagen sowie großzügige Treppenhäuser, wie zum Beispiel das Treppenhaus in der Würzburger Residenz.
Und wie sieht es jetzt mit dem Barock am Konstanzer Münster aus?
Ähnlich wie schon bei den Renaissance-Elementen am Konstanzer Münster sieht man den Barock fast ausschließlich als Ausstattungselemente. Nachdem die Stadt rekatholisiert worden war, musste die Ausstattung der Kirchengebäude erneuert werden. Die Finanzmöglichkeiten des Bistums waren nicht groß genug, um großartige Änderungen am Bau des Münsters vorzunehmen.
Wenn ihr das Konstanzer Münster betretet und im Hauptschiff steht, dann schaut einmal nach oben an die Decke. Das Gewölbe, das sich netzartig über die Decke spannt, ist auf 1680 datiert (an der Ost- und Westseite).
In den Chorseitenräumen wurden die großen Barockaltäre aufgestellt. Im Thomaschor (Nordseitenraum) steht ein fast deckenhoher Altar, der großteils aus Holz geschaffen wurde. Von weitem sieht er aus als wären die mächtigen Säulen sowie der Mensatisch aus schwarzem Marmor geschaffen.
Der Altar im Maria-End-Chor (Südseitenraum) imitiert roten und schwarzen Marmor.
Die Kapellen auf der Südseite des Münsters sind innerhalb relativ kurzer Zeit gebaut worden. Auf der Nordseite sieht die Sache ein bisschen anders aus. Bis zur Reformationszeit waren die Nordkapellen erst zu einem Teil errichtet, genauer gesagt waren nur die vier Kapellen im Westen gebaut worden. Im Zuge der Gegenreformation werden neben der Ausstattung des Kircheninneren auch bauliche Maßnahmen am Langhaus wieder aufgenommen. Ab 1617 beschloss man die Kapellen bauen zu lassen, erst ab 1623 fingen die Bauarbeiten auch wirklich an, denn man musste erst Finanziers finden. Schließlich übernahm die Domfabrik die Kosten und hoffte, dass sie nachträglich noch Stifter finden würden, die für die Baufinanzierung aufkämen. Am Ende waren es drei Domherren und und ein Bischof, die als Stifter fungierten und die Kapellen als Grabstätten nutzten. Ihre Wappen hinterließen sie als Auftraggeber z.B. auf Schlusssteinen und in Inschriften, Altären, Gittern und weiteren Ausstattungsstücken.