Was würdest du tun, wenn du nur einen Tag zu leben hättest? Und was würdest du für jemand anderen tun, der nur einen einzigen Tag zu leben hat? Vor diesem Problem stehen im Stück „Nur ein Tag“ Fuchs und Wildschwein. Sie schauen der Eintagsfliege beim Schlüpfen zu und wissen, dass sie ein Problem haben. Eigentlich sollten sie sofort abhauen. Zurück in den Wald und die Eintagsfliege vergessen. Was ist nämlich, wenn die Eintagsfliege niedlich ist, man sich mit ihr versteht und sie lieb gewinnt? Und dann verliert? Ist es nicht besser sie gar nicht kennenzulernen als später mit dem Wissen zu leben, dass man sie gekannt hat und sie nun vermisst? Doch Fuchs und Wildschwein bleiben. Und es entsteht eine Freundschaft. Durch einige Missverständnisse – die Eintagsfliege hält sich für eine Maifliege und weiß nicht, dass sie bald sterben muss – denkt die Fliege, dass der Fuchs nur einen Tag lebt. Also tut sie alles, um das gesamte Leben in diesen einen Tag zu packen und den Fuchs glücklich zu machen. Fuchs und Wildschwein spielen wohl oder übel mit, sie wollen schließlich die Fliege nicht unglücklich machen…

Die freie Theatergruppe „Splitter“ inszenierte dieses Stück von Martin Baltscheit gemeinsam mit dem jungen Theaterensemble vom JuZe Konstanz. In den Rollen der Tiere brillieren Josephine Vietor, Krystal Podwórny und Malte Zenker. Gekonnt zeigen sie alle Emotionen, die an so einem Tag durch einen hindurchrieseln und schaffen es locker das Publikum mitzureissen. Ausgelassen, frech, wild, gelassen, zart und besorgt – die jungen Darsteller geben den Tieren jede Emotion und lassen so die Tiere lebendig werden. Man leidet mit dem Wildschwein mit, das sich ein bisschen in die Fliege verguckt hat. Man merkt die Wandlung, die der Fuchs durchmacht. Und man hat Hochachtung vor den weisen Worten der Eintagsfliege, die – viel schlauer als Fuchs und Wildschwein – aus der Larvenschule weiß, dass es zwar ihr einziger Tag auf Erden ist, aber nich der einzige in ihrem Leben. Es ist wie die Sache mit dem halb vollen oder halb leeren Glas – jeder muss selbst entscheiden wie er sein Leben sieht. Und so endet das Stück doch versöhnlich. Das war zwischendurch meine Sorge wie man es schafft, das Stück irgendwie doch positiv enden zu lassen, wo doch von Anfang an klar ist, dass die Fliege sterben wird. Aber die Darsteller zeigen den Kreis des Lebens auf und so ist die Fliege zwar tot, aber Fuchs und Wildschwein kümmern sich um ihre Nachkommen. Und man geht mit dem guten Gefühl aus der Vorstellung, dass die beiden alles tun werden, um jeder neuen Fliege den schönsten und glücklichsten Tag ihres Leben zu bereiten.

Mit einfachen Kostümen und Bühnenbild gelingt es der Theatergruppe und den Darstellern die Geschichte lebendig werden zu lassen, das Publikum zu fesseln, es zum Lachen und zum Nachdenken zu bringen. Ein Stück fürs Herz, wie der Regisseur Denis Ponomarenko sagte. Und ein Stück nicht nur für Kinder. Auch für die großen Kinder, die das Leben meist schwer nehmen vor lauter Verpflichtungen. Ein guter Anstoß doch mal selbst darüber nachzudenken, was man machen würde, wenn man eine Eintagsfliege wäre. Und vielleicht tut es ja jedem von uns – gerade in Zeiten wie diesen – gut, ab und zu einen Eintagsfliegentag einzubauen in unser Leben. Immer wieder einen Tag, an dem wir unser Glück suchen.

 

Fotos: © Freie Theatergruppe Splitter