Heute ist Tag des Meeres. Dass unsere Meere wichtig sind und wir ziemlich gedankenlos mit dem Wasser umgehen, muss ich dir vermutlich nicht sagen. Ich möchte den Tag des Meeres nutzen, um einen kleinen Einblick ins Motiv „Wasser“ in der Kunstgeschichte zu geben. Natürlich kann ich dir nur einen kurzen Überblick geben, denn das Thema ist relativ komplex und die Auswahl der Kunstwerke ist völlig willkürlich, ich hab einfach welche ausgewählt, die mir gefallen. Legen wir los! 

 

Claude Lorrain: Einschiffung der Königin von Saba

Tag des Meers Claude Lorrain Einschiffung der Königin von Saba

Claude Lorrain: Einschiffung der Königin von Saba, 1648; National Gallery of London

Wo sich wohl die Königin von Saba befindet, die dem Bild den Namen verlieh? Sitzt sie noch in dem großen Segelschiff, das gerade von links in das Bild hinein fährt? Oder doch eher in dem Schiff, das Sicht vom Turm her nähert? Vermutlich schon. Dieses majestätische Schiff ist das Zentrum des Bildes und bietet so die Möglichkeit die Königin als Hauptperson zu präsentieren ohne dass sie tatsächlich zu sehen ist.

Die Sonne, die hinter dem Schiff langsam untergeht, taucht das Gemälde in ein armes Licht und lässt die weißen Gebäude elfenbeinfarben strahlen. Im Hafenbereich herrscht noch reges Treiben. Kleine Boote werden entladen, andere nehmen Passagiere auf oder lassen sie an Land. Am Ufer stehen Menschen, die sich unterhalten.

Der Bildausschnitt öffnet sich zwischen zwei antikisierenden Architekturmotiven, das Wasser Schimmer in verschiedenen Blautönen. Fast kann man die sanften Wellen ans Ufer schlagen hören. Alles in allem eine entspannte, friedvolle Atmosphäre trotz der vielen Menschen und der Arbeit im Hafen. Die Anordnung der Architekturelemente sorgt für Harmonie und Ordnung im Bild. 

Das mit Öl auf Leinwand gemalte Bild von Claude Lorrain befindet sich in der Gallery of London und ist wirklich ein riesiger Schinken: 194x149cm. 

 

Der Künstler

Wer war der Künstler? Der 1600 im lothringischen Chamagne geborene Claude Lorrain war ein Maler des Barocks, der vor allem in Rom lebte und arbeitete und dort auch 1682 verstarb. Er ist einer der großen Künstler, unter denen die Landschaftsmalerei ein eigenständiges Genre der Kunstgeschichte wurde. Bisher war die Landschaft vor allem die „Bühne“, auf der sich Szenen abspielten. Nur so war es den Künstlern möglich die Landschaft sehr genau und detailreich zu malen, die Landschaft an sich war noch kein eigenes Sujet.

Auch hier im Bild braucht es noch die Hafensituation und die Architektur als Rahmen, aber die Stimmung, der Himmel und das Wasser stehen im Mittelpunkt. Zwar wird die biblische Situation der Anlandung der Königin von Saba als Thema gewählt, quasi als Rechtfertigung, um die Landschaft (und mit Landschaft sind nicht nur Berge, Hügel, Wiesen gemeint, sondern die Umgebung an sich) als Hauptmotiv zu zeigen. Daher ist die Königin von Saba auch nirgends zu sehen. 

Tag des Meeres Max Beckmann Strandlandschaft bei steigender Flut

Max Beckmann: Strandlandschaft bei steigender Flut, 1904; Sammlung Kunst der Westküste

 

Max Beckmann: Strandlandschaft bei steigender Flut

In der Sammlung Kunst der Westküste befindet sich das Bild „Strandlandschaft bei steigender Flut“ von Max Beckmann. Das Gemälde wurde mit Öl auf Malpappe gemalt, die auf Holz aufgebracht ist und ist 1904 entstanden. Anfang des 20. Jahrhunderts malte er eine Reihe von Meereslandschaften an den Stränden der Nord- und Ostseeküste, in Dänemark, Holland und Frankreich. Diese Strandlandschaft entstand nach einem Winter-Aufenthalt am Strand von Scheveningen/ Niederlande.

In seinen Tagebüchern und Briefen nennt er die See als Metapher für sein Leben und die Kunst, nennt sie „meine alte Freundin“. Was sehen wir hier? Von einer hohen Düne blicken wir auf eine Strandpartie und das Meer. Die geschwungenen Linien im Sand lassen das Bild ein bisschen wie eine Graphik aussehen. Die weißen, schmalen Pinselstriche an der Wasseroberfläche zeigen das langsame Vorrücken der Flut. Neben Weiß sind vor allem helle Braun- und Ockertöne zu sehen, die das Gemälde als Naturstudie erkennen lassen und eine gedämpfte Stimmung erzeugen.

Ein schlichter Pfahlbau in der linken unteren Ecke deuten daraufhin, dass hier zu einer anderen Jahreszeit durchaus Menschen am Strand sind, jetzt jedoch die Natur im Mittelpunkt steht. Einflüsse des Jugendstils und auch des norwegischen Malers Edvard Munch sind hier zu erkennen. 

Ich hoffe, ich konnte dir anhand dieser beiden Beispiele zeigen wie unterschiedlich das Motiv „Wasser“ in der Kunst genutzt werden kann. Es gibt natürlich aberhunderte Bilder, die man sich auch noch angucken kann.